YOGA UND LAUFEN 1
- Christina
- 14. März
- 8 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 3. Apr.
Part 1
Laufen als Ausdauersport ist ein hervorragendes Training, dass sich fördernd auf die Gesundheit im Allgemeinen und die Herzgesundheit im Besonderen auswirkt. Damit der gesundheitsfördernde Beitrag des Lauftrainings optimal wirken kann, braucht es allerdings einen gezielten Ausgleich für die beanspruchten Körperstrukturen.

Durch ein regelmäßiges Training ziehen sich die Muskeln der Beine (Beinrückseite, Beinvoderseite, Hüftbeuger und Hüftstrecker) mit der Zeit zu und verkürzen, was zu einer drastischen Abnahme der Beweglichkeit in diesen Muskelgruppen führt und sich negativ auf die Hüftstellung und damit die Wirbelsäule auswirkt. Um das zu verhindern, kann Yoga eine hervorragende Ergänzung zum Laufsport sein, denn nahezu alle durch das Laufen beanspruchte Körperstrukturen werden durch eine regelmäßige (an das Laufen angepasste) Yogapraxis intensiv gedehnt und damit flexibel und beweglich gehalten.
Das Yoga im Vergleich zu klassischen Dehnübungen als Ausgleich zum Ausdauertraining einen positiveren Effekt auf die Regeneration des Körpers konnte in einer neuen Studie eindrucksvoll gezeigt werden. So zeigt die Studie, dass die Atemübungen der Yogapraxis, die rhythmischen Muskelkontraktionen und die Tiefenentspannung die primären Mechanismen sind, die im Vergleich zum klassischen Dehnen zu einer Aktivierung des Parasympathikus führen und damit die Regeneration in der Erholungsphase verbessern (1).
Yoga als Ausgleich zum Laufen bietet noch einen weiteren Vorteil. Eine ausbalancierte Yogapraxis kombiniert in den einzelnen Asanas (Körperübungen) Dehnung und Öffnung mit einer Kräftigung der (tiefen) Rumpf- und Stützmuskulatur. Ist diese bei Läufer:Innen zu schwach, können massive Rückenbeschwerden entstehen. Die rhythmischen Bewegungen während des Laufens wirken auf die Wirbelsäule, die wie ein Stoßdämpfer arbeitet (neben den Beckenmuskeln und der Achillessehne) und die Kräfte abfängt. Sind die Muskel des Rumpfes und die Strukturen rund um die Wirbelsäule allerdings zu schwach, um die Kräfte zu abzufangen, kann dies zu massiven Verschleißerscheinungen oder Bandscheibenvorfällen, vor allem im unteren Rücken, führen.
Des Weiteren führen Muskeldysbalancen im Rumpf dazu, dass das Becken in eine unnatürliche Lage kippt und die daraus resultierende Fehlstellung zu einer weiteren Belastung für die Wirbelsäule und den Rücken wird. Eine starke Rumpf- und Stützmuskulatur ist daher essenziell wichtig, um die Belastung, die während des regelmäßigen Ausdauersports und Lauftrainings auf den Rücken und die Wirbelsäule wirkt, auszugleichen.
Yoga – eine kurze Einführung
Yoga ist eine alte, ganzheitliche Philosophie und Praxis. Ursprünglich bietet Yoga, Methoden und Werkzeuge die die Praktizierenden zur Erleuchtung (Samadhi) führen sollen. Yoga ist keine Religion im eigentlichen Sinn, beinhaltet aber Elemente aus dem Hinduismus oder Buddhismus und hat neben allen gesundheitsfördernden Methoden ursprünglich auch eine spirituelle Komponente, die auch ganz praktische Lebens- und Verhaltensempfehlungen gibt (Yamas und Niyamas). Die vielseitigen Werkzeuge, die uns die Yoga-Philosophie an die Hand gibt, können hervorragend verwendet werden, um Körper und Geist gesund und ausbalanciert zu halten - auch dann, wenn Samadhi nicht das eigentliche Ziel der eignen Yogapraxis ist.
Die Ursprünglichkeit des Yoga findet in Yogastunden in Deutschland und Europa nicht allzu oft statt, da der Fokus der “westlichen” Yogapraxis oft auf den körperlichen Aspekten des Yoga liegt. Asanas (Körperübungen) werden geübt, um den anatomischen Körper gesund und flexibel zu halten und die spirituellen Aspekte nehmen (wenn überhaupt) nur einen kleinen Teil der Yogastunden ein. Neben den Asanas finden Atemtechniken (Pranayama) und Entspannungs- und Meditationstechniken auch bei uns Anklang, wenn auch (oft) ohne spirituellen Bezug. Viele neue, spannende und nach anerkannten Standards durchgeführte klinischen Studien zeigen einen positiven und gesundheitsfördernden Beitrag des Yoga bei körperlichen Beschwerden und mentalen Leiden. Die gute Studienlage in renommierten Fachzeitschriften zu Yoga als komplementäre Therapie bei unterschiedlichen (mitunter auch schwerwiegenden) Erkrankungen und Beschwerden (z.B. Depressionen, rheumatoider Athritis4, Rückenbeschwerden5,6) hat mit Sicherheit auch einen Beitrag zur Popularität des Yoga geführt und zeigt, dass Yoga durchaus mehr ist als eine Lifestyle-Erscheinung.
In den vergangenen Jahren findet Yoga auch bei Leistungssportler:innen immer mehr Anklang. Während der Fussball-WM 2006 wurde das DFB-Team von Dr. Patrick Broome, einem international anerkannten Yogalehrer gecoacht und auch die Profi-Fußballer von Eintracht Frankfurt setzen seit 2021 auf eine regelmäßige Yogapraxis.
Anschließend lässt sich die Frage, was genau Yoga nun ist, nur schwer pauschal beantworten. Aus dem ursprünglichen Yoga entwickeln sich seit Jahrhunderten immer mehr eigene Yogastile und jeder Stil greift auf ein anderes Repertoire an Methoden zurück. Am populärsten ist der Hatha Yoga in dem eine Mischung aus Körper, Atem und Meditationsübungen praktiziert wird. Vinyasa Yoga ist als sehr dynamischer und fordernder Yogastil hauptsächlich körperbetont. Wohingegen im Yin Yoga die Asanas in Verbindung mit der Atmung und mit Hilfsmitteln lange gehalten werden, um somit die tiefen Muskelschichten zu dehnen und damit für körperliche und mentale Entspannung zu sorgen.
Ein Aspekt eint aber alle Yogastile, denn Yoga wirkt immer auf den ganzen Körper - also ganzheitlich. Damit ist nicht nur der anatomische Körper gemeint, den wir anfassen, sehen und fühlen können und der aus den Muskeln, Sehnen und Bändern, dem Bindegewebe und den Organen besteht. Nach der Yogatradition (und nicht nur da, sondern in vielen alten Traditionen und mittlerweile auch in unserer Schulmedizin) besteht der Körper aus mehreren Ebenen. Neben der körperlichen Ebene sind in der Yogatradition noch die energetische und die mentalen Ebenen definiert. So wirken die Körperübungen (Asanas), die Atem- und Entspannungstechniken auf alle Ebenen des Körpers und damit ganzheitlich.
Sidefact: In der Tradition des Yoga bedeutet ganzheitlich auch, dass wir unsere Umwelt und damit alles, was uns umgibt in die Praxis miteinbeziehen und damit über unsern Körper hinaustreten.
Die Bedeutung von Shavasana in der Yogapraxis
Shavanasa ist für eine Yogapraxis, die nachhaltig Wirkung zeigen soll, immens wichtig. Sie gibt dem Körper - auf allen Ebenen - Zeit und Raum, damit die Asanas und die Atemübungen nachwirken und sich somit richtig entfalten können. Sie ist auf den ersten Blick eine sehr einfache Haltung - liegt man doch bewegungslos auf dem Rücken auf dem Boden. Die Bewegungslosigkeit und Entspannung des Körpers lässt sich oft aber nicht ganz so einfach auf die anderen Ebenen übertragen - aber genau hier liegt auch ihr enormes Potential: das Loslassen und Entspannen des physischen Körpers kann in Shavanasa wunderbar und mit etwas Übung auf den Geist übertragen werden. Shavasana - als Teil einer ganzheitlichen Yogapraxis, baut Stresshormone ab, stärkt dadurch das Immunsystem und setzt Heilungsprozesse in uns in Gang, die nach einer körperlichen Belastung für die Gesunderhaltung unseres Körpers unabdingbar sind (5).
Yoga für Läufer:innen - ein PRAXISBEISPIEL
Für folgendes Praxisbeispiel solltest du dir 75 bis 90 Minuten Zeit nehmen. Du bauchst eine Yogamatte, eventuell einen Yogablock und eine Decke für die Entspannung am Ende. Alle Yogaübungen werden in Verbindung mit einer bewussten und tiefen Bauchatmung (Zwerchfellatmung) durchgeführt. Die Übungen bauen aufeinander auf und ergänzen sich in ihrer Wirkweise.
1.) Balasana - die Haltung des Kindes
Körperliche Wirkung: dehnt die Hüfte, die hinteren Oberschenkel und den gesamten Rücken
Energetische Wirkung: lenkt den Fokus auf die Atmung und löst Atemblockaden
Mentale Wirkung: beruhigt auf allen Ebenen, lindert Erschöpfung und Anspannung, lenkt die Sinne von Außen nach Innen.
2.) Marjariasana - Katze - Kuh
3.) Phalakasana - die Bretthaltung
4.) Adho Mukha Svanasana - der herabschauende Hund
5.) Wellenbewegung
6.) Surya Namaskar 1 - der Sonnengruß (optional)
7.) Parsvottanasana - die Pyramide
8.) Alanasana - der tiefer Ausfallschritt
9.) Uttanasana - stehende Vorwärtsbeuge
10.) Malasana - die tiefe Hocke
11.) Setu Bandha Sarvangasana - die Schulterbrücke
12.) Sucirandhrasana - das Nadelöhr
13.) Makarasana - das Krokodil
13.) Shavasana - die Totenstellung
Die Übungsreihe kannst du so zum prima als Ausgleich zu deiner Laufpraxis üben. Direkt nach dem Laufen bietet es sich auch an, nur den dehnenden und regenerativen Teil (ab Übung 8) zu praktizieren.
Und wenn dir das alles nun zuviel Text war... die folgende Abbildung gibt dir einen schnellen und schlanken Überblick, mit welche Übung du den durch regelmäßiges Laufen beanspruchten Körperstrukturen zu mehr Beweglichkeit und Flexibilität verhelfen kannst.

FAZIT
Yoga und Laufen ergänzen sich perfekt! Um unser Herz-Kreislaufsystem möglichst lange gesund und belastbar zuhalten ist ein moderates Lauftraining bestens geeigent. Eine Regeneration und ein gezielter Ausgleich sind dabei aber immens wichtig, um Körperstrukturen elastisch und beweglich zuhalten und dem Körper auf allen Ebenen Zeit für Entspannung & Regeneration zu ermöglichen!
Wenn du mehr über meine ganz persönlichen Lauf- & Yogapraxis erfahren möchtest, lies den Blogeintrag "Keep on running".
Studien
Petviset H et al. „Yoga vs. Static Stretching: Recovery Impact on Male Athletes' Post-HIIT Heart Rate, Respiratory Rate, Blood Pressure, and Heart Rate Variability Analysis.“ Int J Exerc Sci. 2025 Jan 1;18(6). Yoga hat mit seinen vielfältigen Methoden (Atmungsübungen und mentale Entspannungstechniken) ein positiverer Einfluss auf die Regeneration im Vergleich zu klassischen Dehnübungen nach dem Ausdauersport (hier HIIT).
Nyer et al. „Randomized Controlled Trial of Community-Delivered Heated Hatha Yoga for Moderate-to-Severe Depression.“ J Clin Psychiatry. 2023 Oct 23;84(6). Die Studie zeigt eine signifikant stärkere Abmilderung der Depressionssymtome nach einer definierten Yogapraxis im Vergleich zu einer Kontrollgruppe.
Prathikanti S et al. „Treating major depression with yoga: A prospective, randomized, controlled pilot trial.“ PLoS One. 2017 Mar 16;12(3). Bei Erwachsenen mit leichter bis mittelschwerer Depression führte eine 8-wöchige Hatha-Yoga-Intervention zu einer statistisch und klinisch signifikanten Verringerung des Schweregrads der Depression.
Gautam, S. Et al. „Yoga maintains Th17/Treg cell homeostasis and reduces the rate of T cell aging in rheumatoid arthritis: a randomized controlled trial.“ Sci Rep 13, 14924 (2023). Auf meinen Blog (www.happyoga-frankfurt.com/post/in-balance-yoga-bei-rheumatischer- arthritis) findet ihr hierzu einen ausführlichen Artikel zu dieser wirklich beeindruckenden Studie in der die Wirkung einer Yogapraxis auf das Immunsystem und die Symptome bei RA Patient:innen erforscht wird.
Marotta, N. et al. “Impact of yoga asanas on flexion and relaxation phenomenon in women with chronic low back pain: Prophet model prospective study.” J Orthop Res. 2024 Jul;42(7). Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine Online-Yogapraxis einen positiven Einfluss auf die Schmerzintensität bei chronischen Rückenschmerzen haben kann.
Sherman KJ. Et al. “Comparing yoga, exercise, and self-care book for chronic low back pain. A randomized, controlled trial.” Ann Intern Med 2005; 143: 849–56. In dieser randomisierten Studie besserten sich bei den Probanden, die drei Monate lang mit einem Yoga-Lehrer trainiert hatten, die Beweglichkeit und die Schmerzsymptomatik deutlicher als in den zwei Vergleichsgruppen.
Eda, N. et al. „ Yoga improves immunosuppression after a prolonged intense exercise.“ Physiol Int. 2025. Die Studie hat gezeigt, dass Yoga den Rückgang der NK-Zellaktivität (einer spezifischen Immunzellpopulation) nach intensiver körperlicher Belastung durch die Steigerung der parasympathischen Nervenaktivität abmildern kann, was darauf hindeutet, dass Yoga eine effektive Erholungsmethode von Sportler:innen sein kann.
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